Das junge Mädchen blickte neugierig umher.
Was hatte sie hier verloren? Für wen hatte sie ihre eigene Identität aufgegeben?
Plötzlich schweiften ihre Gedanken Jahre zurück… Ihre Mutter hatte sie immer ermahnt:
„Geh nicht an Orte, von denen du mir nichts erzählen kannst.“
Aber wie hätte sie ihrer Mutter diesen Ort erklären sollen?
Seit dem Beginn ihres Studiums war sie in Kreise geraten, die mit den Werten ihres Elternhauses nichts mehr gemein hatten. Dabei wollte sie doch nur glücklich sein. Sie hatte geglaubt, ein paar neue Freunde würden genügen, um sich besser zu fühlen.
Ihre erste Freundin war Serap gewesen – ein nettes, aber etwas eingebildetes Mädchen mit einem großen Freundeskreis. Alev hatte gehofft, durch die Freundschaft mit ihr ein Stück Sicherheit zu finden. Doch bald merkte sie, dass sie sich selbst etwas vormachte. Schon in der Schulzeit hatte sie versucht, mit den beliebtesten Mädchen befreundet zu sein, in der Hoffnung, an ihrer Seite dazuzugehören.
Jetzt jedoch wollte sie nur noch weg. Sie gehörte hier nicht her. Ihr Streben nach Glück hatte sie noch unglücklicher gemacht. Selbst wenn sie verschwände, würde es wohl niemandem auffallen. Ihr Wunsch, gesehen zu werden, hatte sie nur noch unsichtbarer gemacht.
Obwohl sie ihren Freunden gegenüber loyal war, sich aufopferte und immer wieder Kompromisse einging, blieb die Erwiderung aus. Und mit der Zeit war sie zu jemandem geworden, der sie nie sein wollte.
Sie hatte Freundschaften geschlossen, von denen sie ihren Eltern nie erzählen konnte, und sich schlechte Gewohnheiten angeeignet. Inzwischen rauchte sie. Wenn sie ihre Heimat besuchte, rauchte sie tagelang nicht, um nicht zu riechen und gerade deshalb wollte sie gar nicht mehr nach Hause fahren. Oft hatte sie Prüfungen als Vorwand benutzt, ja sogar gelogen, dass sie in der Sommeruni bleiben müsse – nur, um nicht zurückkehren zu müssen.
Genau hier war also der Ort, an dem sie nie sein wollte.
Ihre Wünsche hatten sie von ihren Lieben entfremdet und ihrer Freiheit beraubt. Weder glücklich noch zufrieden war sie – nur eine Gefangene ihrer eigenen Sehnsüchte. Wie hoch war doch der Preis für all das! Je mehr sie sich gegen ihr Innerstes stellte, desto größer wurde ihre Scham. Kann ein Mensch sich selbst fremd werden? Sie wagte es kaum, ihrem Spiegelbild in die Augen zu sehen. Schnell kämmte sie ihr Haar, schminkte sich und verließ das Haus – doch das Leben bestand darauf, sie mit sich selbst zu konfrontieren.
Immer wenn sie eine Mutter mit ihrer Tochter sah, zog sich ihr Herz zusammen. Einmal hatte sie auf der Fähre ein Mädchen beobachtet, das fröhlich mit seinem Vater scherzte und sie hatte es mit einem Blick angesehen, als wolle sie es ersticken. Dabei waren all die scheinbar belanglosen Dinge, die sie früher für selbstverständlich gehalten hatte, in Wahrheit so kostbar gewesen.
Lässt sich die Zeit zurückdrehen? Lassen sich Fehler wiedergutmachen? Je mehr sie darüber nachdachte, desto enger wurde ihr die Brust.
Sie hatte ihre Eltern und ihre Werte hinter sich gelassen. Doch nun war es Zeit für einen anderen Abschied – den Abschied von ihren Irrtümern. Manchmal spürte sie in sich einen Funken Mut, wusste aber nicht, wo sie anfangen sollte. Jetzt aber erkannte sie klar, was sie wirklich wollte. Sie musste einen Schritt wagen – und sei er noch so klein. Denn jeder Weg hat eine Rückkehr.
Diesmal würde sie nicht ganz von vorn beginnen – sondern aus ihren Erfahrungen.
Sie wollte fortfahren, indem sie den Unterschied zwischen dem Früher und dem Jetzt erkannte und aus ihren Fehlern lernte. Sie wusste, dass der Rückweg kein leichter war, doch der Ort, an dem sie sich befand, war schwerer zu ertragen.
Sich von alten Gewohnheiten zu lösen, war schwierig, aber sie glaubte daran, dass sie es schaffen konnte – mit Ausdauer und Entschlossenheit. Denn das Wertvollste im Leben war die Familie.
Sie nahm ihr Handy in die Hand und rief ihre Mutter an. Mit zitternder Stimme sagte sie:
„Mama, ich möchte nach Hause kommen.“
Ihre Mutter war überrascht. Die Tochter, die nicht einmal in den Ferien heimkam, wollte nun zurückkehren. Besorgt fragte sie:
„Ist etwas passiert, mein Schatz?“
So vieles war passiert – doch wie hätte sie das erklären sollen? Sie wollte ihre Mutter nicht beunruhigen.
„Reicht das nicht, Mama? Soll ich denn nicht kommen?“
„Natürlich sollst du kommen, mein Kind. Ich habe dich so vermisst,“ sagte die Mutter – ihre Stimme war voller Freude und Erleichterung.
Alev packte ihre Sachen und kehrte in ihre Heimat zurück. Die ersten Tage waren schwer. Nach Jahren alles Gewohnte aufzugeben, war kein leichter Schritt. Wenn sie scheiterte, geriet sie in Panik – manchmal wollte sie einfach alles hinschmeißen und in ihr altes Leben zurückkehren.
Beim Aufräumen ihres Zimmers fand sie einen alten Zettel. Darauf stand:
„Sei nachsichtig mit dir selbst. Unterschätze das Kleine nicht. Ein Reiskorn scheint winzig, doch ein ganzer Reis besteht aus unzähligen davon. Ein Haus besteht aus vielen Ziegeln. Eine Flasche Wasser aus zahllosen Tropfen.“
Als Alev das las, spürte sie ein Licht in sich aufgehen.
„Ja, ich war grausam zu mir selbst. Ich muss mit einem kleinen Schritt anfangen,“ sagte sie und machte sich an die Arbeit.
Jeder kleine Schritt, jede scheinbar geringe Anstrengung war wertvoll. Als sie lernte, mit sich selbst barmherzig zu sein, merkte sie, dass auch das Leben ihr langsam wieder entgegenkam.
Als sie schließlich zurückblickte, konnte sie selbst in ihren Schwierigkeiten Lektionen erkennen.
Alev wusste nun, dass es nicht darauf ankam, wie weit man gekommen war, sondern woher man gestartet war. Sie verstand, dass selbst die kleinsten Schritte große Veränderungen bewirken können.
In ihr wuchs Hoffnung, in ihrem Herzen kehrte Frieden ein.
Und als sie zum ersten Mal wieder in den Spiegel sah, begegnete sie sich selbst – und war mit dieser Begegnung im Reinen.
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Die Erfahrungsdesign Lehre ist eine
Strategie-Wissenschaft, die sich aus der Realität nährt.
Die Erfahrungsdesign Lehre hat es sich zur Aufgabe
gemacht, den wahren Zweck des Menschen zum Ziel zu erheben.
Die Programme, die mit „Wer ist wer?“ beginnen und mit
„Meisterschaft in Beziehungen“ sowie „Psychologie des Erfolgs“ fortgesetzt
werden, helfen den Menschen dabei, im Vergleich zu ihrem gestrigen Selbst
glücklicher und erfolgreicher zu werden.
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„Seit der Mensch auf der Erde existiert,
hat sich sein größter Freund und sein größter Feind
nie verändert.
Die Person im Spiegel…
Entdecke, was du allein vollbringen kannst!“
Yahya Hamurcu
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